Im Feld ein Mädchen singt

Vertonungen der Gedichte von Margarete Susman

Moderiertes Konzert

Margarete Susman

16. Januar 2025 / 18:15 Uhr

Goethe-Universität Frankfurt / Campus Westend
Theodor-W.-Adorno-Platz 1 / Lobby des PA-Gebäudes
Wegbeschreibung
Eintritt frei

Gesang: Alice Lackner
Klavier/Moderation: Jascha Nemtsov

Einleitung: Martin J. Kudla

Margarete Susman (1872–1966) ist eine der bedeutendsten Denkerinnen der deutsch-jüdischen Geistesgeschichte. Eine Generation vor Edith Stein und Hannah Arendt schuf sie ein vielfältiges Werk als Dichterin, Philosophin, Essayistin und Kritikerin. Ein bisher nahezu unbekannter Aspekt ihres Wirkens sind die Vertonungen ihrer Gedichte – durch jüdische und in vielen Fällen auch nicht-jüdische Komponist:innen. Diese produktiven Reaktionen und dieses musikalische Echo auf ihr dichterisches Werk sind ein einmaliges Zeugnis der Vielfalt eines deutsch-jüdischen und europäisch-jüdischen Gesprächs, von Wechselwirkungen und Gegenseitigkeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie auch im Angesicht des aufkommenden Nationalsozialismus.

Im Rahmen der Recherchen von Martin J. Kudla vom Buber-Rosenzweig-Institut konnten in Archiven und Bibliotheken über 40 Vertonungen ausfindig gemacht werden. Einige liegen bisher nur in Manuskriptform vor, andere wurden in kleinen Auflagen gedruckt. Das vermutlich bekannteste Werk, Jean Sibelius‘ „Im Feld ein Mädchen singt“, stellt dabei nur einen von vielen musikalischen Höhepunkten dar. Die zu Unrecht vergessenen Werke, bis auf ein Chorwerk allesamt für Stimme und Klavier komponiert, beruhen fast allesamt auf Susmans Gedichtband Mein Land von 1901. Auch die Publikumswirksamkeit der Lieder wurde bereits erprobt: Im Rahmen einer vom Buber-Rosenzweig-Institut mitorganisierten Tagung zum 150. Geburtstag von Margarete Susman im September 2022 in München wurden bei einer öffentlichen Veranstaltung mit großem Erfolg einige der Lieder präsentiert.

In Frankfurt, wo Susman wiederholt lebte und eine ihrer produktivsten Phasen hatte, bis sie 1933 fliehe musste, wird das Konzert am 16. Januar 2025 stattfinden. Für die Darbietung der Lieder in Frankfurt konnten Alice Lackner (Gesang) und Jascha Nemtsov (Klavier) gewonnen werden. Ein kommentierter Notenband mit den entdeckten Vertonungen von Susmans Gedichten ist in Vorbereitung und bereits unter Vertrag bei Königshausen & Neumann.

Alice Lackner

ist regelmäßig mit international renommierten Klangkörpern zu hören, wie dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Konzerthausorchester Berlin, Gewandhausorchester Leipzig, den Essener Philharmonikern, dem Russischesn Staatsorchester Kaliningrad oder mit dem RIAS Kammerchor. Einen besonderen Schwerpunkt setzt sie auf historische Aufführungspraxis, u.a. mit der lautten compagney Berlin, Ensemble 1700, L‘Orfeo, Concerto Theresia oder le buisson prospérant. Zu ihren künstlerischen Partnern gehören Dirigent*innen wie Vladimir Jurowski, Wolfgang Katschner, Dorothee Oberlinger, Tomas Netopil und Antonius Adamske sowie Regisseur*innen wie David Hermann, Holger Potocki, Jean Renshaw oder Nils Niemann. Engagements führten Alice Lackner u.a. in die Berliner Philharmonie und das Berliner Konzerthaus, zur Hamburger Elbphilharmonie, Aalto-Theater Essen, Markgräfliches Opernhaus Bayreuth, Musikfest Berlin, George-Enescu-Festival Bukarest, Innsbrucker Festwochen der Alten Musik oder zu den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci. Aufnahmen für Deutschlandfunk, BR-Klassik, ARTE Concert, cpo und Sony sowie ihre Debut-CD „Ernsthaft?!“ mit der Pianistin Imke Lichtwark belegen ihr künstlerisches Schaffen. Alice Lackner wurde in München geboren und studierte bei Prof. Claudia Kunz-Eisenlohr an der HfMT Köln/Aachen. Die Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes ist als Soziologin am ZOiS Berlin wissenschaftlich tätig und übernimmt ab 2025 die künstlerische Leitung des Festivals „Güldener Herbst“ in Thüringen.

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Alice Lackner
Jascha Nemtsov

Jascha Nemtsov

ist Pianist und Musikwissenschaftler, Professor für Geschichte der jüdischen Musik an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar und Akademischer Leiter der Kantorenausbildung an der Universität Potsdam. Er studierte am St. Petersburger Staatlichen Konservatorium und lebt seit 1992 in Deutschland. Seine Forschungsprojekte sind jüdischer Musik und jüdischen Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts gewidmet. 2024 erschien im Harrassowitz Verlag Wiesbaden seine Monographie From St. Petersburg to Vienna: The New Jewish School in Music (1908–1938) as Part of the Jewish Cultural Renaissance und im Nomos Verlag sein Lehrbuch Jüdische Musik – Einführung, die erste Publikation dieser Art weltweit. Als Pianist konzertiert Nemtsov international, er nahm bislang mehr als 40 CDs auf, darunter zahlreiche Ersteinspielungen von Werken wiederentdeckter verfolgter Komponisten. 2007 bekam er den Preis der Deutschen Schallplattenkritik und 2018 den Preis OPUS KLASSIK. Jascha Nemtsov ist mit der Komponistin Sarah Nemtsov verheiratet, sie leben mit ihren drei Kindern in Berlin.

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